Infrastruktur als Commons oder Wir holen uns das Internet zurück (8)
Wenn wir technische Infrastruktur als Gemeinschaftseigentum verwalten wollen, müssen wir die Prinzipien kennen, mit denen das erfolgreich gelingen kann. Die Politologin Elinor Ostrom hat in empirischen Studien acht Designprinzipien identifiziert, mit denen Commons-Ressourcen erfolgreich verwaltet werden. In dieser Blogreihe stellen wir die Ostrom’schen Designprinzipien vor und wenden sie auf Genossenschaften an.
8. Eingebettete Institutionen und polyzentrische Governance
Die Gemeinressource der Hostsharing eG, die Cooperative Community Cloud, ist mit dem großen Ressourcensystem Internet auf vielfältige Weise verbunden. Verträge mit Rechenzentren und Carriern, technische und organisatorische Standards, die von nationalen oder internationalen Normungsinstitutionen festgelegt werden, aber auch informelle Machtverhältnisse, mit denen zum Beispiel große IT-Konzerne De-facto-Standards erzwingen, bilden vielseitige Abhängigkeitsverhältnisse, auf die einzelne Player wie die Hostsharing eG nur geringen Einfluss haben.
Mit der Denic eG gibt es in Deutschland eine Genossenschaft, die die Toplevel-Domain .de zu überaus fairen Preisen verwaltet. Die Geräuschlosigkeit, mit der dies im Gegensatz zu vielen kommerziell verwalteten Toplevel-Domains gelingt, zeigt, welche Vorteile eine auf genossenschaftlichen Prinzipien basierende Governance für das Internet haben kann. Historisch gesehen ist das Internet von dezentralen Strukturen und einer polyzentrischen Governance geprägt. Diese Struktur hat sich aber als anfällig für Monopole und Oligopole erwiesen.
Die polyzentrische Governance wird durch die nationale und internationale Gesetzgebung überwölbt, die nicht immer darauf ausgerichtet ist, dezentrale Strukturen zu fördern. Genossenschaftliche Ansätze genießen in der Politik, wie wir gesehen haben, leider keine Priorität.
Die Hostsharing eG hat sich mit verschiedenen anderen Organisationen vernetzt, um ihre Interessen zu vertreten. Der beste Garant dafür, dass die Interessen der Mitglieder gewahrt werden, ist aber die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Genossenschaft, die wir durch ein kontinuierliches Mitgliederwachstum stärken können. Je größer Hostsharing wird, um so einfacher wird es, von technischen Skalierungseffekten zu profitieren und diese an die Mitglieder weiterzugeben. Durch stetiges Wachstum könnten so privatwirtschaftliche IT-Strukturen nach und nach in genossenschaftliche Gemeinschaftsressourcen überführt werden. Ein erster großer Meilenstein wäre die Eröffnung eines genossenschaftlichen Rechenzentrums.
Jeder und jede kann daran mitwirken. Anstatt Google Docs, GMail und MS Teams zu nutzen, kann man Cloud-Leistungen bei Hostsharing buchen. Anstatt Websites und Webanwendungen bei AWS & Co. zu betreiben, kann man dafür die technische Infrastruktur der Genossenschaften nutzen. Statt Zoom kann man die Videokonferenzsysteme von Hostsharing einsetzen. Oder anders gesagt: Statt privaten Investoren Rendite zu bringen, kann man mithelfen, gemeinschaftliche Infrastruktur in Nutzerhand aufzubauen.
Die Blogreihe gliedert sich anhand der acht Designprinzipien von Elinor Ostrom.
- Einleitung
- Grenzen
- Kongruenz
- Gemeinschaftliche Entscheidungen
- Monitoring der Nutzer und der Ressource
- Abgestufte Sanktionen
- Konfliktlösungsmechanismen
- Staatliche Anerkennung
- Eingebettete Institutionen und polyzentrische Governance