Infrastruktur als Commons oder Wir holen uns das Internet zurück (3)
Wenn wir technische Infrastruktur als Gemeinschaftseigentum verwalten wollen, müssen wir die Prinzipien kennen, mit denen das erfolgreich gelingen kann. Die Politologin Elinor Ostrom hat in empirischen Studien acht Designprinzipien identifiziert, mit denen Commons-Ressourcen erfolgreich verwaltet werden. In dieser Blogreihe stellen wir die Ostrom’schen Designprinzipien vor und wenden sie auf Genossenschaften an.
3. Gemeinschaftliche Entscheidungen
Genossenschaften sind demokratisch verfasste Unternehmen: die Mitglieder wählen in der Generalversammlung den Aufsichtsrat (bei Hostsharing auch den Vorstand) und bestimmen dort die wesentlichen Eckpfeiler der Geschäftspolitik.
Weniger Demokratie geht natürlich immer: so gibt es in einigen Genossenschaften keine Generalversammlungen mehr. Stattdessen hat dort die repräsentative Demokratie Einzug gehalten. Es entscheiden nicht mehr die meisten Mitglieder basisdemokratisch nach dem Prinzip ein Mitglied, eine Stimme. Stattdessen werden Vertreter gewählt, die in einer Vertreterversammlung über die Geschicke der Genossenschaft bestimmen. Damit spaltet sich die Genossenschaft in diejenigen, die echte Gestaltungsmacht besitzen, und diejenigen, die lediglich einen Vertreter wählen können. Mit der Zeit entsteht wie in der Politik eine politische Klasse, die unter sich die Entscheidungen aushandelt. Genossenschaften mit Vertreterversammlung erfüllen damit nicht das dritte Designprinzip.
Mehr Demokratie ist aber auch möglich. Bei Hostsharing kommen die Mitglieder beispielsweise zu Quartalstreffen zusammen, um Entscheidungen über neue Produkte und Dienstleistungen zu fällen.
Man darf das dritte Designprinzip jedoch nicht allein unter abstrakten demokratietheoretischen Gesichtspunkten betrachten. Die Gestaltungsmacht, die es der Gemeinschaft verschafft, eröffnet die Möglichkeiten einer bedarfsgerechten Geschäftsentwicklung. Hostsharing nutzt beispielsweise die Kommunikation innerhalb der Genossenschaft, um Bedarfe der Mitglieder zu ermitteln und die Qualität der Leistungen anforderungsgerecht weiterzuentwickeln. Anstatt Produkte und Dienstleistungen mit Hilfe von abstrakter Marktforschung oder aufgrund von eigennützigen Investoreninteressen weiterzuentwickeln, orientiert sich Hostsharing an dem tatsächlichen Bedarf der Nutzerinnen und Nutzer.
Die Mitglieder einer Gnossenschaft besitzen Gestaltungsmacht. Sie können die Gestalt der gemeinschaftlich genutzten Ressource bestimmen und die Bedingungen, unter denen sie produziert werden. Das fördert die Reflexion über die eigenen Bedarfe und eine qualitative Diskussion in einem Bereich, in dem ansonsten vor allem quantitativ diskutiert wird. So hat Hostsharing mit dem Webmaster on Demand und dem Webmaster as a Service Dienstleistungen entwickelt, die es bei anderen Hostingunternehmen nicht gibt.
Im nächsten Teil geht es um die Kontrolle der Gemeinschaftsressource und ihrer Nutzung.