Infrastruktur als Commons oder Wir holen uns das Internet zurück (2)
Wenn wir technische Infrastruktur als Gemeinschaftseigentum verwalten wollen, müssen wir die Prinzipien kennen, mit denen das erfolgreich gelingen kann. Die Politologin Elinor Ostrom hat in empirischen Studien acht Designprinzipien identifiziert, mit denen Commons-Ressourcen erfolgreich verwaltet werden. In dieser Blogreihe stellen wir die Ostrom’schen Designprinzipien vor und wenden sie auf Genossenschaften an.
2. Kongruenz
Genossenschaften reproduzieren Ressourcen weitgehend selbstbestimmt, wobei sie auf die örtlichen und kulturellen Bedingungen angewiesen sind. Bei Wohnungsgenossenschaften sind das neben den Wohnbedürfnissen der Menschen vor Ort unter anderem die jeweils gültigen Bauordnungen. Im Fall der Hostsharing eG bedeutet dies, dass sie ihre technische Infrastruktur den internationalen Standards und Normen entsprechend aufgebaut und konfiguriert hat, um mit dem gesamten Internet interoperabel zu funktionieren. Die Hostsharing eG versteht sich darüber hinaus kulturell als Teil der internationalen Open-Source-Community. Sie setzt ausschließlich quelloffene Software ein und ermöglicht ihren Mitgliedern die Nutzung freier Software.
Die Kosten für die Nutzung der technischen IT-Infrastruktur werden bei der Hostsharing eG proportional zur Verteilung des Nutzens auf die Nutzer umgelegt. Wer die Cooperative Community Cloud der Hostsharing eG intensiver nutzt, zahlt auch entsprechend mehr. Die Hostsharing eG belohnt nicht wie andere IT-Unternehmen durch Rabatte, Lock- und Sonderangebote eine gedankenlose Mehr-Nutzung von Ressourcen.
Genossenschaften haben nicht den Zweck, eine Ressource möglichst gewinnbringend zu vermarkten, um für externe Investoren Gewinne zu erwirtschaften. Ihr Zweck ist die wirtschaftliche Förderung der Mitglieder. Dieser Förderzweck ist in Deutschland im Genossenschaftsgesetz § 1 gesetzlich verankert.
Bei Konsumgenossenschaften umfasst der Kreis der geförderten Mitglieder die Konsumenten der Ressource, im Fall von Hostsharing die Nutzer der Cooperative Community Cloud. Bei Produktionsgenossenschaften werden die produzierenden Mitglieder gefördert, indem sie die gemeinsamen Produktionsmittel nutzen. Kosten und Nutzen sind auch hier kongruent. Mitglieder, die die Produktionsmittel stärker in Anspruch nehmen, zahlen in der Regel auch eine entsprechend höhere Nutzungsgebühr. Nach außen verhalten sich Produktionsgenossenschaften aber wie gewinnorientierte Privatunternehmen, die ihre Kunden möglichst effizient monetarisieren möchten.
Als Mitglied einer Konsumgenossenschaften ist man kein Kunde, sondern ein Produzent, der das erzeugte Produkt selbst konsumiert. Oder anders ausgedrückt: Man kauft zwar von der Genossenschaft eine Leistung ein, aber der Kaufpreis geht an das eigene Unternehmen. Wer genossenschaftliche Leistungen einkauft, reproduziert und vergrößert das Gemeinschaftseigentum. In Wohnungsgenossenschaften spricht man deshalb auch nicht von Miete, sondern von Nutzungsgebühr oder Nutzungsentgelt. In einer gut verfassten Genossenschaft ist die Höhe der Nutzungsgebühr der Quantität oder Qualität der genutzten Leistung kongruent.
Es ist in diesem Zusammenhang wichtig, dass eine Genossenschaft die Preisgestaltung gegenüber ihren Mitgliedern transparent macht, sodass die Gemeinschaft mit der Kostenstruktur ihrer Gemeinressource vertraut sind. Die Hostsharing eG informiert ihre Mitglieder deshalb regelmäßig über die wirtschaftliche Situation des Gemeinschaftsunternehmens. Dies geschieht über die genossenschaftlichen Gremien, allen voran der Generalversammlung. Dort berichten Vorstand und Aufsichtsrat den Anteilseignern des genossenschaftlichen Unternehmen. Hostsharing informiert seine Mitglieder darüber hinaus quartalsweise über den Status der Genossenschaft.
Im nächsten Teil geht es um das dritte Prinzip, die gemeinschaftlichen Entscheidungen.